Nachruf auf Prof. Dr. Luise Behringer

Bildquelle: (c) IPP


Die Gesellschaft für Gemeindepsychologische Forschung und Praxis (GGFP) trauert um Luise Behringer, die am 26. November durch einen Verkehrsunfall aus dem Leben gerissen wurde. Noch immer können wir es nicht fassen.


Luise Behringer steht beispielhaft dafür, dass es gelingen kann gemeindepsychologisches Denken und Handeln in Praxis und Forschung zu verbinden. Sie hat als Wissenschaftlerin Karriere gemacht, als Praktikerin gearbeitet, internationale Anregungen aufgegriffen und sich für Menschen engagiert. Sie hat in ihren Arbeiten, die sich u.a. mit den Themen alltägliche Lebensführung, Frühförderung, Interdisziplinarität, Psychiatrie, zivilgesellschaftliches Engagement und Freiwilligenarbeit, Entwicklungspsychologie, und soziale Verantwortung befassten, Wesentliches zum tieferen Verständnis des Verhältnisses von Mensch und Kontext beigetragen.


Sie hat sich vielfältig engagiert, immer die Menschen im Blick, immer darauf bedacht, sie dabei zu unterstützen ihren Möglichkeitsraum zu erweitern. Dies gilt für ihre praktische Arbeit in der Frühförderung und Entwicklungspsychologischen Beratung, für die Stärkung von Selbsthilfe und Engagement, für eine die Studierenden aktiv einbeziehende Lehre und für ihr internationales Engagement.


Aus dem Bewusstsein heraus, dass Menschen gemeinsam viel erreichen können, setzte sie sich in unterschiedlichen Gremien dafür ein, die Welt zumindest im Kleinen etwas zu verbessern.


Sie hat über drei Jahrzehnte dazu beigetragen, die Gemeindepsychologie in Deutschland weiterzuentwickeln und von 2009 bis 2017 mit ihrem Engagement im Vorstand der GGFP dieses Anliegen vorangebracht.


Sie trieb voran und glich aus, sie integrierte und zeigte Perspektiven auf. Ihre Fröhlichkeit, ihre Zuversicht und ihr Optimismus öffnete Türen, begeisterte und brachte höchst unterschiedliche Menschen dazu, sich für eine gemeinsame Sache zu engagieren.


Gerne nehmen wir den Wunsch der Familie auf und bitten in Luises Namen um eine Spende an Kirabo Doors of Hope Foundation https://hopeforafrika-kirabo.de. Das ist ein Projekt in Uganda, dem Luise persönlich verbunden war.


Wir werden sie schmerzlich vermissen.


Unser Mitgefühl gilt ihrer Familie und ihren Freundinnen und Freunden.


Der Vorstand der GGFP Christel Achberger, Monika Bobzien, Uwe Fischer, Olaf Neumann, Mike Seckinger


Reaktionen und Erinnerungen der Mitglieder

Alle sind herzlich eingeladen in ein oder zwei Sätzen ihre Erinnerungen an Luise zu formulieren (e-mail an info(a)ggfp.de).


„Musste ich an Luise denken, die immer wenn es still wurde, noch mal was Konstruktives sagte und wenn zu viel gesagt wurde, etwas Integrierendes und Ausgleichendes. Es hat mich sehr getroffen, da sie so ein eindrucksvoller Mensch war, die in mir eine tiefe Spur hinterlässt.“

Cornelia Caspari


„Was für eine unfassbar traurige Nachricht! Ich kann es gar nicht glauben, dass die lebendige, so offene und zugewandte Luise so plötzlich aus dem Leben gerissen wurde!“

Wolfgang Stark


„Es ist erschütternd und nicht zu fassen, dass Luise mit ihrer Lebendigkeit, Zugewandtheit und Offenheit nicht mehr unter uns ist.“

Heiner Keupp


„Ich erinnere mich an Luise Behringer, sie war so was wie eine gute Seele der community.“

Roland Sauer


„Ich kann das gar nicht glauben, es ist wie ein Schlag.“

Monika Bobzien


„Niemand wird Sie ersetzen können. Sie hat uns viel geschenkt und wir können ihr nur unser Andenken widmen und uns anstrengen, in Ihrem Sinne weiter zu machen.“

Bernd Röhrle


„Ich bin ebenso erschüttert. Luise war eine so herzliche und menschlich warmherzige Frau und Kollegin. Man kann es nicht glauben, dass sie nicht mehr unter uns ist.“

Georg Zilly


...



Nachruf auf Prof. Dr. Manfred Zaumseil

Bildquelle: (c) Familie Zaumseil


Die Gesellschaft für Gemeindepsychologische Forschung und Praxis (GGFP) hat am 30.06.23 im Rahmen ihrer Jahrestagung dem langjährigen Mitglied, Wegbegleiter, Kollegen und Freund, Prof. Dr. Manfred Zaumseil, in einer Feierstunde gedacht.


Prof. Dr. Manfred Zaumseil verstarb am 30.04.2023 nach schwerer Krankheit im Kreise seiner Familie. Er wurde am 26.2.1943 geboren und sein Tod kam für viele Gemeindepsycholog*innen und Menschen, die ihm verbunden waren, trotz des Wissens um sein baldiges Ende, doch unvermittelt. Eine Gemeindepsychologie ohne Manfred Zaumseil ist für uns alle nur schwer denkbar.


Manfred Zaumseil lebte den interdisziplinären Anspruch der Gemeindepsychologie in vielfältigen Facetten: Gestartet als Mediziner hat nicht zuletzt auch seine Arbeit am »Gemeindepsychiatrischen Zentrum Eppendorf-Eimsbüttel« mit Ursula Plog, Klaus Dörner, Charlotte Köttgen und anderen ihm den Weg zur Gemeindepsychologie bereitet.


Diese interdisziplinäre Perspektive hat Manfred Zaumseil dann stetig auch nach seiner Berufung 1979 als Professor für klinische Psychologie und Gemeindepsychologie an die FU Berlin bis zu seiner Pensionierung 2009 und darüber hinaus fortgeführt. Mit seiner kulturanthropologischen Sicht auf (psychische) Gesundheit setzte er einen Schwerpunkt innerhalb der Gemeindepsychologie, deren Entwicklung er maßgeblich mit beeinflusste. Seine Forschungen auf Java, aber auch wegweisende gesundheitliche Versorgungsforschungen in Berlin bleiben Meilensteine gemeindepsychologischer Forschung und Praxisentwicklung. Indonesien und seinen Einwohner*innen blieb er immer verbunden. Auch seine international viel beachtete Copingforschung im Rahmen des Katastrophenschutzes und der Entwicklungshilfe fand hier ihr Forschungsfeld.


Allein die wissenschaftliche Perspektive im Wirken Manfred Zaumseils zu betonen, greift zu kurz. Mit ihm verlieren wir einen Menschen der durch seine nachdenkliche Rückmeldung zu aktuellen Fragen und Auseinandersetzung und seinem feinen Humor uns alle tief berührt hat. Zuvorderst sei da das Weddinger Psychoseseminar genannt. Mit großer – zumindest äußerer – Gelassenheit hat Manfred Zaumseil eine wechselseitige Lernatmosphäre kreiert und Konflikte moderiert. Hier wurde für Viele erfahrbar gemacht, dass Menschen mit sehr verschiedenen Lebens-, Berufs- und psychischen Erfahrungen miteinander und voneinander lernen können, dass es Sinn macht, immer wieder aufs Neue zu versuchen, Menschen in ihrer je besonderen Situation zu verstehen und dass hierdurch am Ende Anerkennung und Veränderung möglich werden. Das aufrichtige Interesse Manfred Zaumseils an dem, was Menschen mitbringen, und die Neugier und Offenheit darauf, was transparent formulierte Überlegungen beim Gegenüber anstoßen, war eine besondere Gabe und Kunst, die sich methodisch einer Kopierbarkeit entzog.


Mit ehemaligen Studierenden und Kolleg:innen hat sich Manfred Zaumseil noch vor nicht allzu langer Zeit damit auseinandergesetzt, Perspektiven auf gemeinsame Zeit von Lehren und Lernen im Projekt Psychosoziale Beratung an der Freien Universität Berlin zu reflektieren und mit zeitlichem Abstand einer Art gemeinsamer Evaluation zu unterziehen. In der in diesem Artikel des erst vor kurzem beim DGVT-Verlag erschienenen Handbuchs Gemeindepsychologie sehr persönlich formulierten Nachdenklichkeit über „riskante Nähe“ zeigt sich einmal mehr, wie ernst Manfred Zaumseil die Reflexion der eigenen Positioniertheit und Macht nahm.


Ein weiterer Artikel des Handbuchs, beschäftigt sich mit den Wandlungen und Widersprüchen der Sozialpsychiatrie. Hier bezieht Manfred Zaumseil noch einmal klar Position in Richtung eines „ganzheitlich, reflexiv und dialogisch angelegten Praxisverständnisses“ und grenzt sich klar gegen einen – wie er es nennt – „angelsächsischen Pragmatismus“ ab. Dass diese Maximen eines Praxisverständnisses für ihn selbst als Wissenschaftler galten, zeigt die Zusammensetzung des Autor*innenteams. Eine ehemalige Studentin der FU Berlin, die mittlerweile in einem Community Health Center in Boston (USA) tätig ist und ein ehemaliger Psychologiestudent der Fernuni Hagen (der einzigen verbliebenen Universität in Deutschland an der man noch im Schwerpunkt Gemeindepsychologie studieren kann) waren an diesem Schreibprojekt beteiligt.


Manfred Zaumseil hat uns viele, sehr viele des Nachdenkens werte Texte hinterlassen und vielfältige Impulse gesetzt. Ein Nachruf kann dieser Fülle und dem facettenreichen Werk nicht annähernd gerecht werden. Viele Anregungspotenziale – so hat er es selbst genannt – stecken (auch für zukünftige wissenschaftliche und praxisformende Generationen) darin. Dass seine letzten Veröffentlichungen sich im Handbuch Gemeindepsychologie wiederfinden, ehrt uns und ist zugleich ein großes Vermächtnis.



Der Vorstand der GGFP


Zurück